MUBI und Streaming im Internet

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von Karen Dohr

Es ist eine Eigenart der Internet-Suchmaschinen, dass man mit großer Tendenz immer nur das dort findet, was man schon kennt und nur selten auf etwas stößt, das man nicht gesucht hat. Ähnliches gilt auch, wenn man im Internet auf den einschlägigen Streaming-Portalen nach dem Film des Abends sucht. Dabei kommt irgendwann die Frage auf, welche Art von Zuschauer das Kino erzeugt hat und welche Zuschauer durch das Internet produziert werden.

Eine mögliche Antwort sähe so aus: Die erste halbe Stunde auf dem Streaming-Portal ist man damit beschäftigt unter der riesigen Auswahl genau das zu suchen, was man will. Gar nicht so leicht, wenn der Algorithmus Filme vorschlägt, die man sowieso schon kennt - oder ihre schlechten Kopien. Die zweite halbe Stunde tippt man dann Filmnamen in die Suchzeile. Aufregende, spannende, eigenartige oder alte Filme, die schon lange auf der Liste stehen - und die das einschlägige Streaming-Portal dann trotzdem nicht im Angebot hat.

Das Ergebnis: Zuschauer, die den perfekten Film des Abends suchen, und dabei trotzdem immer das Gefühl haben, da draußen könnte es noch einen besseren Film geben. Gibt es Alternativen zu dieser Zuschauerhaltung?

Die Streaming-Plattform MUBI hat eine Alternative zu ständiger Verfügbarkeit entwickelt, nämlich die einer kleinen, aber kuratierten Filmauswahl. An Stelle einer scheinbar unbegrenzten Auswahl gibt es auf MUBI jeden Tag einen neuen Film. Nach 30 Tagen verschwindet der Film wieder aus dem Angebot, sodass jeweils immer nur 30 Filme zum Streaming zur Verfügung stehen. Die Auswahl reicht von Werkschauen der großen Namen der Filmgeschichte (gerade online: Fassbinder, Kieslowski), über Filmklassiker, zum zeitgenössischen Filmschaffen bis hin zu Festival-Geheimtipps. Ab und zu mischen sich auch Kurzfilme oder Restaurationen alter Exploitation-Filme darunter. Zugegeben: Manchmal werden auch Filme vorgestellt, die man nicht gesehen haben muss. Sie sind zu abwegig oder schauen sich wie staubige Museumsstücke, nichtsdestotrotz erzeugt dieses Prinzip ein anderes Zuschauen. Man wird neugierig und aufmerksam, denn es geht eben nicht darum den Film zu finden, der am besten zu Stimmung des Abends passt und damit am einfachsten zu konsumieren ist. Stattdessen findet man auf der alternativen Plattform oft die Filme von denen man nicht wusste, dass man sie schauen wollte – ob das nun Kino aus Georgien ist oder ein Dokumentarfilm vom DOKLeipzig.

Seit 2016 ist MUBI in Großbritannien übrigens auch als Verleiher tätig. Eigenartig, dass ein Video-on-Demand Anbieter als Verleiher für Kinofilme auftritt. Noch überraschender ist die Erfahrung, die MUBI damit gemacht hat, denn anscheinend sind jene Filme online erfolgreicher, die auch im Kino ausgewertet wurden.

Im Angesicht des Kahlschlages, der von den Streaminggiganten in die Kinolandschaft geschlagen wird, ist das ein Hoffnungsschimmer darauf, dass sich Filmkulturen nicht gegenseitig auffressen müssen.

 

MUBI ist zu finden unter:

www.mubi.com

 

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