Filmkritik: Bombshell von Jay Roach

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Von Ulrike Schirm

„Bombshell- Das Ende des Schweigens“, der richtige Film zur richtigen Zeit. Während in New York der Prozess gegen Harvey Weinstein, der von einer ausgbufften Anwältin verteidigt wird, läuft und die Grand Jury in kürze das Urteil fällt, widmet sich Regisseur Jay Roach („Trumbo“) einem ähnlichen Fall von sexueller Belästigung in der Medienbranche, der im Juli 2016 für den Rücktritt des Chefs Roger Ailes, des erzkonservativen US- Nachrichtensenders Fox News sorgte. Die besondere Stärke des brisanten Dramas ist, wie gnadenlos eng die Charaktere und die Handlung mit den realen Personen und Ereignissen übereinstimmen. Wohlverdient hat „Bombshell“ den Oscar für bestes Makeup gewonnen, denn die Hauptakteurinnen Charlize Theron und Nicole Kidman sind kaum wiederzuerkennen.

Die ehemaligen Miss America und Stanford Absolventin Gretchen Carlson (Nicole Kidman), die seit elf Jahren bei Fox News als Moderatorin arbeitet und die auf einen zeitlich benachteiligten Sendeplatz verwiesen wurde, wagt es als erste, wegen Demütigungen und sexuellen Übergriffen, Klage gegen Ailes einzureichen. Es dauert, bis auch die ehrgeizige Starmoderatin Megyn Kelly (Charlize Theron) diesen Schritt wagt. Couragiert stellt sie den Präsidentschaftskandidaten Donal Trump wegen seiner frauenfeindlichen Äusserungen öffentlich zur Rede und wird deswegen von ihm auf Twitter auf übelste Weise beleidigt. Als sie Ailes um Schutz bittet, reagiert er nicht. Er und Trump sind soetwas wie Seelenverwandte, was Frauenverachtung anbelangt. Ihr Makeup muss dick aufgetragen werden, denn kein Mensch will Fraue während ihrer Menstruation schwitzen sehen. Die Kleider müssen kurz sein, je kürzer um so besser, denn die Tische in den Sendestudios sind nicht umsonst aus Glas. Wer bei den Großen mitspielen will, muss sich anpacken lassen und läuft es nicht rund, mach`s mit dem Mund. So lautete das Diktat im Hause Ailes. Besonders wütend wird man, als die ehrgeizige Volontärin Kayla Pospisil hinter verschlossenen Türen auf ihre Fernsehtauglichkeit geprüft wird. Sie wird genötigt, ihr Kleid höher und höher zu ziehen, sich langsam zu drehen, um die Länge ihrer Beine zu prüfen. „Es ist ein visuelles Medium“ lautet die Begründung. Verstört verlässt Kayla den Raum. Auch sie schliesst sich den beiden Frauen an und geht an die Öffentlichkeit. Es dauerte ewig, bis die ehrgeizigen Frauen, die skrupellos auf ihre Bildschirmpräsenz versessen waren und die rechtslastige Politik gegen ihre eigene Meinung vertraten, endlich Solidarität zeigten. 23 Frauen meldeten sich und berichteten über die sexuellen Übergriffe des über 70-jährigen Roger Ailes, der von dem übermächtigen Rupert Murdoch gefeuert wurde.

„Bombshell“ ist ein wichtiger Film, der auf bestürzende Weise die männerdominierenden Machtverhältnisse in der Medienbranche zeigt. Und gewiss nicht nur dort. Es lebe die #Me-Too-Bewegung.

Diese Kriti erschien ursprünglich auf Ulrike tratscht Kino.